Kodo Sawaki
Kampfkunst dient nicht zum Kampf.
Sie dient nicht, weil sie nicht die Knechtschaft des Kampfes ist. Im Dao legitimiert die Legitimität (und sogar die Pflicht) der Selbstverteidigung und der Fremdverteidigung nicht unseren Kampfwunsch.
Was die Machtverhältnisse angeht, kann alles eine Waffe sein, und in diesem Sinne braucht niemand die Kampfkunst. Es gibt kürzere Wege, die weniger Beständigkeit und Disziplin erfordern, weniger Ehre, weniger Nachdenken und weniger Gerechtigkeitsgefühl. Auch weniger Rücksicht auf das Andere.
Das Leben in der Gesellschaft ist oft wie ein Wettrüsten. Es geht um Macht, immer um Macht. Wir werden immer eine mächtigere Waffe finden. Wir werden immer einen stärkeren Rivalen finden. Wir werden immer ein beleidigenderes Wort finden. Wir werden immer einen höheren Schrei finden.
Es geht um Macht und Verbündete, Ehrgeiz und Angst. Ohne diese gibt es keine Knechtschaft, die man hält.
Hito kome, hito ase
Ein Korn Reis - ein Tropfen Schweiß
Sicher ist die Haltung eines Anfängers in den Kampfkünsten vom herkömmlichen Gesellschaftsstreben geprägt und es wird lange dauern, bis er zu diesem ihm vollkommen fremden Erfahrungsweg Vertrauen gewinnt. Für ihn und manchmal auch für den Fortgeschrittenen besteht die Rolle des Lehrers darin, über Inhalte zu informieren und in der Technik zu unterweisen.
Daß es darüber hinaus den Weg mit seinen hintergründigen Lehren gibt, ist nur schwer zu verstehen. So richtet sich sein Streben ausschließlich auf die Technik und er wird nicht weiter als bis zu diesem Punkt gehen können.
Lenkt nun der Lehrer seine Aufmerksamkeit auch auf andere Ziele, sieht sich der Schüler oft zum Widerstand aufgerufen und verteidigt die Unfehlbarkeit seiner Ansichten.
Streben im Budo beinhaltet das Bemühen, durch Nachdenken die eigene innere Problematik zu erkennen, da diese der rechten Haltung oft im Wege steht. Dies ist kein Diskussions-Gegenstand - richtig oder falsch - sondern ein Übungsinhalt.
Ebenso wie in der Verfeinerung der Technik gibt es auch in der Vervollkommnung des Selbst einen Fortschrittsweg.
Diesen Weg anzunehmen, bedeutet Streben im Budo.
Nagashi waza
»Fließendes Wasser konkurriert mit nichts.«
(Ryusui saki wo kisuwazu)
Natürliche Bewegung hat keine anstrengende Spannung. Die Bewegung ist nur am Ende fokussiert. Dies lässt die Kraft aus dem Körper fließen wie Wasser aus einem Schlauch oder fließen wie Wasser in einem Bach. Es kämpft nicht gegen sich selbst oder andere. Übermäßige Verspannungen in den Muskeln und Sehnen fängt die Kraft im Körper ein. Darüber hinaus, so wie Wasser nicht gegen die Felsen im Fluss kämpft, so erfolgt auch der Empfang eines Angriffs mit fließender und umhüllender Energie, nicht mit kollidieren. Dies ist das Herzstück von Nagashi Waza, fließenden Techniken.
Miyahira Katsuya 10. Dan Hanshi – Gründer des Okinawa Shorinryu Shidokan Karatedo
Der alte Weg ist der neue Weg.
Es gibt keinen Weg zum Frieden;
Der Friede ist der Weg.
Es gibt keinen Weg zum Glück;
Das Glück ist der Weg.
Es gibt keinen Weg zur Liebe;
Die Liebe ist der Weg.
Sensei Joachim Laupp, 9. Dan Hanshi
aus Okinawa
Dojo (Do = Weg, Jo = Ort)
Der Ort, an dem der Weg geübt wird.
Die Übung des Weges gewinnt an Inhalt und Klarheit, wenn es eine ehrliche Verbundenheit zwischen Wegschüler und Dojo gibt. In einem Dojo - siehe auch ZEN Buddhismus - wird der Weg der Selbstfindung praktiziert. Die zunehmenden Verbindungen zwischen den Kampfkünsten und ZEN finden sich im Laufe der Jahrhunderte, während die gesellschaftlichen Verhältnisse in Japan immer mehr befriedet werden konnten.
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Vom Ursprung des Shidôkan
Miyahira Katsuya 10. Dan Hanshi
»Was den Ursprung von Shidôkan betrifft, so geht es darauf zurück, als ich meinem eigenen Karate-Dojo den Namen Shidôkan gab, zurückgehend auf ein Zitat des chinesischen Weisen Konfuzius aus den Aufzeichnungen der Lehrgespräche mit seinem »Buch der Gespräche«:
4. Band, Abschnitt 7-6
Den Weg vor Augen, der Tugend verpflichtet, auf Barmherzigkeit basierend.
Sensei Miyahiras Lehre zufolge zeichnet sich der ideale Karateka aus durch »die Hand eines Teufels, aber das Herz eines Buddha«. Die Shidokan-Schule lässt sich nicht auf die sportlichen oder gesundheitlichen Aspekte des Karate beschränken. Vielmehr sieht Großmeister Miyahira in der beständigen praktischen Übung kein eigenes Ziel, sondern ein Mittel zum höheren Ziel der Formung des menschlichen Charakters.
Würde haben, nicht ungestüm sein.
Würde haben und auf dem Grunde des Herzens Milde besitzen,
nicht im Mindesten ungehalten sein.
Ein Ausdruck aus dem Buch der Gespräche von Konfuzius, mit dem ein Schüler die Persönlichkeit von Konfuzius beschreibt. »Warm und passioniert, würdevoll, ohne wild zu sein, respektvoll und friedlich.« Das wurde als Ideal eines Mannes vollkommener Tugend angesehen.
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In den vergangen Jahrzehnten, als die asiatischen Kampfkünste den Weg nach Westen antraten, wurden die Kampfkünste stark versportlicht und der ursprüngliche Geist des Budo verwässert und von »Trainingsplänen« verdrängt. Kampfkünste wurden unabhängig ihres Ursprungs - z.B. aus China, Korea, Thailand, Vietnam oder Japan - mit dem Begriff »Karate« versehen, sportlich vermarktet und damit fehl-interpretiert. Selbst Turnhallen wurden nun als Dojo bezeichnet.
Für jeden ernsthaft Übenden ist ein Dojo auch heute eine Stätte der Meditation und Konzentration, ein geehrter Ort des Lernens, der Freundschaft und gegenseitiger Entwicklung. Die Art der Beziehung, die ein Übender zu seinem eigenen Dojo unterhält, wird sichtbar durch seine Bemühung um rechten Fortschritt.
Die rechte Dojo-Beziehung ist ein Teil der Wegübung selbst. Sie besteht aus dem Streben, durch selbstlose Hingabe dem Geist des Budo zu dienen und den persönlichen Fortschritt, den ein Übender einem Dojo verdankt, durch ehrliche Wertbezeugung seinerseits wieder auszugleichen. Für den echten Wegschüler ist sein Dojo ein zweites Zuhause.
Lebensweg
In unserem Dojo werden Sie Karateka unterschiedlichen Alters kennenlernen, die Ihren Weg mit differentem Hintergrund in unserem Dojo begonnen haben. Teils mit Erfahrung aus anderen Stilrichtungen aber auch ohne jedwede Vorkenntnis ist bei vielen die Motivation die Gleiche: raus aus einem immer schneller werdenden Alltag, der unsere Energien mehr streut als bündelt, hin zu einem fokussierten Lebensweg mit Kraft und Ausgeglichenheit.
Ines Deinert
ZEITLOSE LEBENSART
Okinawa ist der Geburtsort des Karate und Shorinryu einer der wichtigsten klassischen Stile in Okinawa. Okinawa Karate zu praktizieren ist eine Lebensart, die sich im persönlichen Alltag und der Gesellschaft positiv auswirkt. Lernen Sie, durch die tägliche Übung den Sinn des eigenen Lebens zu erkennen und daraus zu schöpfen. Dieser Prozess ermöglicht es uns, zu geben.
Geben bedeutet, anderen gegenüber großzügig zu sein, ihnen nichts vorzuenthalten: nicht unser Wissen, nicht unsere Energie, nicht unsere Freundlichkeit. Eine großzügige Person ist jemand, der Energie erzeugt, nicht jemand, der nach außen auf andere schaut, um sie gönnerhaft bereitzustellen.
Ob vor hunderten von Jahren oder in der heutigen Zeit: Die überlieferten und lebendig gehaltenen Lehren der Meister unserer Schule verkörpern den Weg der Persönlichkeits-Entwicklung und Wertschätzung gegenüber den universellen Prinzipien.
ANNERKENNUNG
Für manche Menschen ist das Gefühl der Leere ein täglicher Begleiter. Um dieses Gefühl zu beheben, suchen sie nach Aufregung, Ablenkung, Macht, Geld, Streit oder verfallen in Passivität, warten auf das Wochenende oder darauf, dass sich ihr Umfeld ändert. Aber keine dieser Strategien wird das tiefe Gefühl lindern, dass etwas fehlt.
Die beständige Übung in unserem Dojo ermöglicht es den Karateka, nicht nur die technischen Merkmale der Selbst-Verteidigung zu erlernen – sondern alle Aspekte des traditionellen Lernens, der Meditation und der Budo-Philosophie zu erfahren und das Gefühl der Leere in ein Gefühl der Fülle, der Freude, der Freiheit und des Friedens zu wandeln.
Beständige Übung ist eine Anerkennung der Notwendigkeit von Achtsamkeit bei allem, was wir tun, denken und sagen. Es ist die damit verbundene Geistesstabilität, die zu Konzentration führt und ein Selbstwertgefühl aufbaut, das nicht auf Anerkennung durch andere beruht.
ALLES FLIESST
Während wir über Wochen, Monate und Jahre üben, wird unser Körper stärker, flexibler und gesünder. Wir überwinden die Angst. Unser Geist wird fokussierter. Unser Wille wird widerstandsfähiger. Unsere Emotionen werden stabiler.
2020 - 2025 ... fünf Jahre Shirasagi Shima Dojo
Fokusierung der Geisteshaltungen im Budo
Sho Shin 初心
Der Anfängergeist lernt stetig durch hören und sehen. Nicht-Sprechen. Verstehen wird sichtbar durch Haltung und Handlung. Sho Shin in der beständigen Praxis hat keinen Anfang und kein Ende. Ensō - ein Kreis aus spirituellen Erfahrungen. Von Beginn an ein Begleiter bis in die höheren Wegstufen.
Zan Shin 残心
Beständigkeit in der Achtsamkeit und Aufmerksamkeit - Präsenz. Beständige Übung ist eine Anerkennung der Notwendigkeit von Achtsamkeit bei allem, was wir tun, denken und sagen. Es ist die damit verbundene Geistesstabilität, die zu Konzentration führt und ein Selbstwertgefühl aufbaut, das nicht auf Anerkennung durch andere beruht.
Mu Shin 無心
Abgeschiedenheit des Geistes. Handlung ohne Vorsatz. Alles entspringt aus der Leerheit. Ryusui saki wo kisuwazu - fließendes Wasser konkurriert mit nichts. Ein ruhender Geist - wie der Mond, der sich im Fluss spiegelt - ist offen für Initiative.
Fudō Shin 不動心
Ein standhafter und unbeweglicher Geist als Wächter der inneren Lehre. Fudō Myōō - der Mantra-König. Je weiter der Weg sich öffnet, werden Ablenkungen und Unachtsamkeit zunehmen. Mit der Übung verbrennen wir diese Aspekte und sehen die Wahrheit.
Sen Shin 先心
Buddha-Geist. Erleuchtung. Es gibt tausend Wege die den Weg kreuzen, umleiten, verwischen. Geht man den Weg der Mitte und durch das Tor, öffnet sich der Pfad der Klarheit. Angst und Anhaftung, Ego und Beurteilung, Neid und Verurteilung behindern diese Erfahrung.
Kengaku – Lernen durch Beobachtung
Kengaku ist ein wesentlicher Bestandteil von Keiko in unserem Dojo.
Dazu gehört, den Lehrer bei seinen Vorführungen und Erklärungen zu beobachten und sowohl den höheren als auch den niedrigeren Graduierten bei der Ausführung von Kihon, Kata, Bunkai, Makiwara, Kumite, Saho oder anderen Übungen zuzuschauen – schließlich können wir von jedem im Dojo lernen. Kengaku beschränkt sich nicht nur auf körperliche Aktivitäten; man kann auch Saho (die Etikette) durch Beobachtung erlernen.
Wichtig ist, dass Kengaku auch dann praktiziert werden sollte, wenn man aufgrund einer Verletzung nicht am körperlichen Unterricht teilnehmen kann (natürlich im Rahmen des Möglichen). Mit Erlaubnis des Lehrers kann der Schüler respektvoll am Rand sitzen, um weiter zu lernen.
Eine Verletzung hindert einen Schüler in unserem Dojo nicht daran, sein Studium fortzusetzen. Er kann auch während der Übung sitzen. Ebenso kann der Gruppen-Unterricht angepasst werden auf die theoretischen Lehrinhalte- und Lernziele.
So gesehen unterstützt sich dann die ganze Klasse gegenseitig in einem Kreis sitzend und ermöglicht dem betreffenden Schüler einen regulären Lernfortschritt im Dojo. Alle können dabei nützliche Erfahrungen sammeln.
Kengaku zeigt die Absicht, ständig zu lernen – dir selbst, deinem Lehrer und deinen Mitschülern. Es spiegelt dein Engagement für die Übung wider und ist eine gute Angewohnheit, die du pflegen solltest, um maximale Fortschritte zu erzielen.